Unsere persönliche "Deutschland - Dakar" 2003
17.05.03
Abfahrt um 08.45 Uhr. Diesmal konnte ich mich durchsetzen und wir sind nicht um 3.00 Uhr nachts aufgestanden, weil wir es ja ach so eilig haben. Aber ausschlafen durfte ich trotzdem nicht...
Jetzt sind wir erst 3 Stunden unterwegs und uns ist schon ein wenig langweilig. Die Fahrt auf deutschen Autobahnen hat halt nicht so furchtbar viel zu bieten. Gleich erst mal ´n lecker Autobahnschnitzel. Ich muß schon wieder auf Klo. Jochen sagt, wir halten erst zum pischen, wenn er ´ne Düne sieht.
Wir fahren 1400km und erreichen am Abend Lyon. Wie immer machen wir den Fehler, das erstbeste Hotel links liegen zu lassen (ist ja noch früh am Tag, laß uns noch ein paar Kilometer reißen...) – das brockt uns eine mitternächtliche Suche nach einem Hotel ein. Wir probieren es bei ca. 150 Hotels – alle sind „complet“ – ist wohl irgendein Kongress in der Gegend. Schließlich haben wir für satte 80EUR im Hotel Mercure in Valence – ca. 100km südlich von Lyon – Glück.
18.05.03
Tja, irgendwie doof die Nacht in Lyon. Es fängt damit an, dass Jochen sich das Pflaster vom Arm reißt, das ich ihm nach der letzten Tollwutimpfung gestern verpaßt habe. Unter dem Pflaster eine dicke Schwellung und Rötung. Und richtig schön warm ist das ganze auch noch...schöne Sch...., denke ich, dicke Entzündung. Das mußte ja wohl passieren. Mir rennt es durch den Kopf...Entzündung – Abszeß – Sepsis - ....ich überlege noch, welches meiner vielen Notfallmedikamente ich anwenden soll, als Jochen meint „ach was, Kühlen und gut“ – ja, denk ich, bietet sich an. Heute mußte Jochen diverse ärztlich verordnete Calippo zu sich nehmen, weil wir die für die Kühlung brauchten...
Nachts hat Jochen mich wachgerüttelt. Jochen hat noch etwas ferngesehen und in Casablanca hat es ein Bombenattentat gegeben...ob wir denn trotzdem nach Marokko wollen. Er würde fahren, aber die Entscheidung läge bei mir. Ich bin noch völlig schlaftrunken und kann nicht erfassen, was Jochen mir erzählt. Ich versuche, mein Hirn anzuschalten und nachzudenken, was mir nicht gelingt. Heute habe ich dann den ganzen Tag darüber nachgedacht. Meine schlechte Laune hat sich erst eben wieder gebessert. Schwierig. Die Wahrscheinlichkeit, in ein Bombenattentat zu geraten mag ja gering sein, aber wie ist die Reaktion der Bevölkerung? Was passiert noch?
Wir habe jetzt erst mal beschlossen, morgen nach Ceuta zu fahren und uns dann noch mal über das Auswärtige Amt zu erkundigen. noch gibt es keine Reisewarnung. Mal sehen...
Ach ja, wir sind den Tag heute „ruhiger“ angegangen und sind „nur“ 1200 km gefahren. wir sind jetzt in Benidorn – eine Touristenhochburg an der Spanischen Ostküste. Hier gibt es ein Haufen Hotels, keine Parkplätze und viele dicke Engländer. Wir mischen uns unter die dicken Engländer und gehen lecker Fisch essen.
19.05.03
Nach einem Frühstück am etwas sparsamen hoteleigenen Buffet brechen wir auf und fahren über Alicante, Valencia und Malaga nach Algeciras, von wo die Fähren ablegen. Den Fähranleger finden wir sofort und werden von einem schmächtigen, hektisch mit den Armen fuchtelnden Männchen in Empfang genommen.
„Where to – Tanger? Ceuta? Here –no here- no there..“ und rennt wild fuchtelnd vor unserem Auto her. „quick, quick!!“. Wir sehen uns etwas ratlos an und parken das Auto. Jochen beschließt, hinter dem Männchen hinterher zu rennen. Natürlich will er Karten für die Überfahrt verkaufen, natürlich liegt „sein“ Office weit außerhalb des Hafengebietes. Der Preis sei aber der Gleiche, versichert er. Dann erklärt sich seine Eile: die Fähre legt in 10min ab. Nach einem 2km Marathon hat Jochen dann die Tickets (tatsächlich zum gleichen Preis wie woanders) und wir können sofort auf die Fähre fahren. Exzellentes Timing. Die Fähre ist ein hypermodernes Schnellboot mit Düsenantrieb draußen und drinnen viel Chrom, Aircondition, Brilli-Brilli und einem künstlichen Sternenhimmel im „großen Saal“ . Es beschleicht uns das Gefühl, es könnte vorerst der letzte Luxus sein, den wir zu Gesicht bekommen...
Während der 45minütigen Überfahrt sehen wir Schwärme von Delphinen.
In Ceuta angekommen, finden wir uns sofort im Verkehrschaos wieder. Ceuta ist ein Mikrokosmos, hier ist irgendwie alles auf einen Quadratkilometer reduziert. Nur Hotels gibt es nicht so recht. Wir finden eine mittelmäßige Zimmervermietung und erstehen ein 30 EUR-Loch mit Kaltwasserdusche und Klo auf dem Flur (beides nicht abschließbar). Das Internetcafe am Ort hat alles, nur Internet ist gerade kaputt, das Restaurant hat auch alles, nur irgendwie kein Essen. Und die Haupt-Abendbeschäftigung der Ceutaner (-tenassen) scheint das Joggen um Ihre Exklave zu sein, nur wenn´s bergauf geht, dann gehen sie...
Jochens „Impfschaden“ löst sich so langsam in Wohlgefallen auf und morgen geht es nach Marokko.
20.03.03
Morgens 7.30 in Ceuta. Die Sonne brennt, das Haar sitzt. Wir müssen die dicke Vermieterin aus dem Bett klingeln, wir haben es schließlich eilig. Ehrfurchtsvoll tritt Jochen einen Meter zurück als die gewaltige Frau in einem rosa Negliget die Tür öffnet und uns die Pässe aushändigt. Haben wir alles? Jaja...
Jetzt erst mal in die Stadt – frühstücken! Überall gibt es Frühstückscafeterias, nur keine Parkplätze davor. Da wo es Parkplätze gibt, gibt es keine Frühstückscafeterias. Nach 3-4 Exklaven-Umrundungen geben wir entnervt auf und beschließen, noch mal bei diesem Restaurant ohne Essen anzuhalten. Diesmal ist sogar das Brot alle.
Der Kellner findet dann doch noch ein Stückchen und auch noch eine Ecke Schmierkäse, mit der er homöopathisch das Brot bestreicht. Lecker..
Die Grenzformalitäten in Marokko gestalten sich schnell und kurzweilig, unser Gepäck wird intensiv inspiziert, auch unsere diversen Medizinkoffer. „Sind Sie Arzt???“. Eine gute Ausrüstung ist eben überlebenswichitg!!
Eine Versicherung ist abzuschließen, Geldwechsel und rüber.
„Wo müssen wir denn jetzt hin? Gib doch mal die Karte.“ – Tja, die Karte. Die liegt wohl unter der zusammengerollten Überdecke des Bettes in unserem „Zimmer-Loch“. Naja, wir haben ja noch den Reiseführer...
Wir fahren durch grüne Hügellandschaften Richtung Rabat und Casablanca. Es ist so grün und bewachsen, das Jochens Heuschnupfen wieder durchbricht. Und das in Afrika. Bei Larache beginnt die Autobahn, gutes durchkommen bis Casablanca. Wir sehen viele Radarfallen. Zum Mittagessen halten wir an einer Autobahnraststätte an und bestellen uns erstmal die Steakplatte nach Art des Hauses. Gnubschich aber lecker. Und dann passiert es – im angeschlossenen „Mini-Mart“ der Tankstelle regen wir uns ein wenig über das Preisniveau auf (1 Tüte Bonbons 5EUR) und über das Aufregen lässt Jochen dann auch noch den Reiseführer liegen. Klasse Schröder, schon das zweite Mal heute. Bald haben wir gar kein Gepäck mehr. Aber dann brauchen wir auch nicht mehr soviel Sprit... Jetzt haben wir nur noch eine Karte, und die ist von 1983. Naja, immerhin. In El Jadida finden wir einen Internetladen und kabeln die Lage nach Deutschland. Als wir bezahlen wollen, lädt man uns ein. Nett.. Jetzt sind wir in Safi in einem vom Preis/Leistungsverhältnis her ausgezeichnetem Hotel (Hotel Abda – Avenue Kennedy) – 386 Dirham mit Frühstück, dafür gibt es eine wahre Suite mit Balkon, Doppelbett, Einzelbett, Schreibtisch, Empfangszimmer, TV mit „Deutsche Welle TV“, Kühlschrank und ganz wichtig – ein prima Klo.
21.03.2003
Nach einem netten Frühstück geht es weiter Richtung Süden. Unterwegs gabeln wir zwei Französische Tramper auf, die wir bis Agadir mitnehmen. Die Beiden reisen 3 Monate lang durch Marokko, waren schonmal in Nouadhibou und versorgen uns mit einigen nützlichen Informationen. Wie immer einige Polizeikontrollen – alle äußerst nett. Es wird langsam unerträglich heiss. Wir schwitzen wie die Tiere, was unserem Körpergeruch nicht gerade zugute kommt. Jetzt sind wir in Tan-Tan im Hotel Texas. Das gehört einem 70jährigen, der aussieht wie 50 und auch ansonsten ganz agil ist. Er redet wie ein Wasserfall, daß er den Krieg erlebt hat, daß er zur See gefahren ist als Hydraulikmechaniker und daß er Sardinen mag, weil die so schön billig sind. Ein schnelles Hähnchen noch und zu Bett...
22.03.2003
7.00 Uhr. Die Nacht war die Hölle. Die Klospülung ging schon gestern abend nicht. Ein untrüglicher Hinweis, dass Jochen irgendwann schlechte Laune bekommen wird. Wie spülen mit einer Wasserflasche.
In der Nacht ist es so heiss, dass ich erst mal einen Kreislaufzusammenbruch erleide. Draussen vor dem weit geöffneten Fenster liefern sich Trucks, Mopeds und Eselskarren ein Rennen, es ist also nicht nur heiss, sondern auch noch monsterlaut. Gegen 3 Uhr morgens verstummen die Trucks, dafür setzt direkt unter unserem Fenster ein Palaver ein, welches gegen 4 Uhr abgelöst wird von einem Um-die-Wette-Bellen-und-Heulen streunender Hunde. Um 5Uhr werden die Köter abgelöst vom Muezzin und der weckt dann den Hahn in der Nachbarschaft. Ein Zeichen für die LKW-Fahrer, ihre Trucks wieder anzuwerfen. Ich schlafe irgendwie, Jochen gar nicht. Um 6.30 Uhr sind wir wach...ich nehme erst mal einen kräftigen Schluck Brackwasser aus einer Flasche mit Zigarettenkippen, die der Vorgänger hier hat stehen lassen, weil ich dachte, es sei unser Trinkwasser. Mir ist kotzübel....Ich überlege noch, ob ich mir den Finger in Hals stecke, als ich merke, dass das Wasser jetzt gar nicht mehr geht. Der Wasserhahn gibt einen letzten kläglichen Tropfen von sich. Ganz toll!!! Vor unser Hoteltür steht ein grosser Bottich mit Wasser. Aha, das kennen die wohl schon. Und damit sollen wir spülen und uns die Zähne putzten? Ich verwerfe den Gedanken, mich des Brackwassers rückwärts zu entledigen.
Über Laayoun und Boujdour geht’s nach Dakhla. Wir haben die Westsahara erreicht und man merkt es gar nicht. Kein Schild, keine Grenze – nichts. Die Landschaft ist jetzt Wüste. Endlich Sanddünen !! Der heiße Wind verbrennt einem die Füße, wenn man sie aus dem Fenster hält und trocknet die Augäpfel aus! Man merkt jeden Meter den man sich der Küste nähert! Pro 10m wird der Wind um 1Grad kühler und im Abstand von 200m zur Küste kann man wieder atmen. Wir sind dankbar über jeden Kilometer, den die Straße an der Küste entlang führt.
Benzin kostet hier nur die Hälfte, komisches „Land“. Ansonsten aber ein schönes Land. Die Provinzhauptstadt Laayoun ist nett, sauber und wenig kaputt.
Wir haben uns Zettelchen mit den wichtigsten Daten aus Paß und Fahrzeugschein gemacht und diese x-mal kopiert. An den wirklich zahlreichen Polizeikontrollen kann man die meist einfach abgeben und weiterfahren, das verkürzt das ganze Procedere ungemein!!
Jetzt sind wir in Dakhla. Wir haben eines dieser 5EUR-Wasser-nur-mit-Glück-und-Klo-nur-nach-Desinfektion-mit-Sagrotan-benutzbar-Hotels erwischt. Aber da wir schon Unmengen von Geld ausgegeben haben bis jetzt, genau das richtige für unseren Geldbeutel...
23.05.03
Wir fahren recht früh in Dakhla los. Frischen Mutes und voller Vorfreude auf das neue Land. Auf asphaltierter Straße geht es Richtung Nuadhibou. Zwischenzeitlich überholen wir das eine oder andere ausländische Fahrzeug. An einer Tankstelle an der wir vorbeifahren stehen vier bunt bemalte Campingwagen mit einem Haufen Spät-Hippies davor. Wir rasen weiter und es ist irre heiß. Mit Hilfe des GPS können wir prima die Entfernung zur Mauretanischen Grenze abschätzen. Plötzlich hört die Straße auf und wir stehen am Grenzposten. Kann ja nicht so schlimm werden, denken wir noch. Die Informationen, die wir uns in Deutschland aus den Internet gezogen haben besagen, daß uns nach der Marokkanischen Grenze 20km vermintes Niemandsland mit gut befahrbarer Piste, bzw. alter asphaltierter Spanischer Straße erwartet, die man eben wegen der Minen auf gar keinen Fall verlassen sollte. Wir reisen aus Marokko aus. Natürlich nicht, ohne das obligatorische, selbstverständlich völlig freiwillig gegebene Geschenk dazulassen, nach dem die Grenzposten ungeniert fragen. Diesmal gibt’s eins von Jochens Istanbul-T-Shirts. An der Grenze stoßen wir wieder auf die bunt bemalten Campingwagen - ein französischer Kleinst-Zirkus. Die dazugehörigen Menschen - eine Ansammlung von Hippies in zerfetzten Klamotten, total verdreckt und bestimmt mit dem einen oder anderen Kilo Haschisch an Bord.
Mein Kreislauf bricht – wohl wegen der Hitze – mal wieder zusammen. Mir ist schwindelig und übel. Ich denke: schnell die 20km und dann in ein klimatisiertes Hotel. Ca. 20m hinter der Grenze geht der Spaß dann aber erst richtig los. Es fängt mit einem großen leicht ansteigenden Weichsandfeld an. Wir nehmen Anlauf...und stecken fest. Aber so richtig! Nichts geht mehr, das Auto überhitzt sofort. Während wir unsere Sandbleche abschrauben, können wir beobachten, wie sich ein Zirkusbus nach dem anderen festfährt. Wir schaffen es selbst mit den Sandblechen nicht, uns frei zu buddeln. Irgendwann bequemen sich ein paar rumlungernde Araber dazu, uns zu helfen. Das wird teuer, denke ich noch, aber irgendwie müssen wir da ja raus. Einer der Rumlungerer setzt sich hinter unser Steuer. Ich kämpfe mit meinem Schwindel und versuche auf unsere Geldbeutel aufzupassen. Der Rumlungerer treibt die Karre so lange auf Hochtouren, bis das Kühlwasser überkocht. Das Auto raucht – ich in Panik. Zum Glück haben wir ca. 30 Liter Wasser geladen und ein Liter nach dem nächsten verdampft auf unserm Kühler. Irgendwann schaffen wir es aus diesem Sandfeld heraus – um ein paar Dollar ärmer. Wir laden einen der Rumlungerer ein – ein selbst ernannter Guide, seines Zeichens Polisario-Widerstandskämpfer, staatenlos und von Beruf Wegelagerer. Die Leute, die etwas von „gut befahrbarer Piste, bzw. alter asphaltierter Spanischer Straße“ geschrieben habe, sollte man verklagen. Die Piste ist die Hölle, immer wieder Weichsand, über Stock und Stein, zeitweise ein Quadratmeter nicht befahrbarer Asphalt. Irgendwann meint der Guide, wir seien nun auf einer guten Piste, alles sei gut, gebt mir 20 Dollar, ich will aussteigen. Wir lassen ihn aussteigen, er spaziert davon und wir landen im nächsten Weichsandfeld...es gibt dort nämlich eine ganze Reihe von Pisten und wenn man die verkehrte nimmt...leider haben wir fast das gesamte Wasser verbraucht. Wir haben nur noch eine Flasche – und stecken fest. Schon mal im Minenfeld festgefahren?
Ich gerate jetzt richtig in Panik und denke, das wars, jetzt müssen wir sterben. Hier findet uns doch nie jemand, wir werden ganz bestimmt verdursten!!! Auf der Nebenpiste donnert ein 30-Tonner vorbei - der Fahrer winkt, fährt davon ohne auch nur die geringste Anstalt zu machen uns zu helfen. Naja, zumindest scheint hier hin und wieder jemand vorbei zu kommen, sterben müssen wir wohl nicht.
Wir schaffen es tatsächlich, uns aus diesem Weichsandfeld freizugraben. Wir kommen zum mauretanischen Grenzposten. Naja, Grenzposten...eine Stahlkette und ein kleines Zelt im Nirgendwo, in dem zwei Grenzsoldaten sitzen. Der eine liegt stöhnend im Zelt, faßt sich theatralisch an den Kopf und sagt, er sei ja soooo müde, und Kopfschmerzen habe er auch und überhaupt. Ich verteile ein paar Paracetamol, messe seinen Blutdruck, der im übrigen völlig normal ist und sage ihm mit meiner besorgtesten Gesicht, er solle viel trinken und viel ausruhen. Er zeigt sich ausgesprochen dankbar. Plötzlich kommen von überall Leute, die sich den Blutdruck messen lassen wollen und irgendwo Schmerzen haben. Ich verteile fleißig Schmerzmittel. Wir dürfen weiterfahren, ohne das obligatorische Geldgeschenk da zu lassen.
Von irgendwo kommen Leute auf die Piste und halten uns an. Sie seien Guides und würden und den Weg zeigen, kein Problem, Geld wollen sie auch keins...lustig, diese Araber!!! Da wir aber völlig am Ende sind laden wir uns einen ein und der bringt uns 20km weiter zu einem Brunnen, wo wir wenigstens Wasser fürs Auto tanken können. Natürlich nicht, ohne gleich von einer Traube von Kindern umzingelt zu sein, die völlig unverschämt ein Cadeaux verlangen. Kein „Bitte“, kein „Danke“ sondern einfach „Donnez moi Cadeaux!!!!!!!!“. Ich verteile ein paar Kugelschreiber. Irgendwann verläßt uns auch dieser Giude - nein, er will kein Geld, bloß 20 Dollar...
Wir stoßen wieder auf ein paar Pistenabzweigungen, das Auto kocht, wir sind hundemüde, die ganze Prozedur hat bereits 4 Stunden gedauert. Ich schwöre hoch und heilig, daß ich niemals nie mit unserer Schrottkarre die keine 2m Weichsand schafft und bei jeder kleinen Anstrengung überkocht die 500km offroad nach Nuoakchott fahren werde. Niemals!!!!! Wir werden den Zug nehmen, komme was wolle! Es fährt ein Eisenerzzug ins Landesinnere, der bedarfsweise Plattformen für Autos mitführt. Im Landesinneren beginnt eine 120km lange, gut befahrbare Piste (laut Reiseführer) und dann geht es auf Asphaltstraße nach Nouakchott. Genau das will ich! Jochen stimmt zu. Auf dem Weg haben wir noch den einen oder anderen Kontrollposten zu überwinden und wir wenden unsere gut bewährte Tabletten-Taktik an. „Donnez moi Cadeaux!“ „Tu est malade?“ – irgendwie haben alle irgendwo Schmerzen und so verteile ich Tabletten und gebe gute Ratschläge und wir sparen ne Menge Geld!
Irgendwie schaffen wir es nach Nuadibou. Wir landen in einer quirligen, lauten Kleinstadt. Kaum daß wir irgendwo anhalten – zunächst natürlich vor einem klimatisieren Supermarkt (ja, wir waren auch sehr überrascht, daß es hier sowas gibt!), in dem wir kalte Pepsi kaufen – werden wir von einer Traube von Menschen umringt, die uns alle nur helfen und natürlich nur unserer bestes – unser Geld – wollen. Wir geben uns irgendwann in die Obhut eines Mannes, der uns in eine Wechselstube lotst und uns an die Hand nimmt und auf seinen Campingplatz bringt. Es stellt sich heraus, daß es sich um M.Ali handelt, der in unserem Reiseführer empfohlen wurde. Wir nehmen ein kleines schlecht belüftetes Zimmerchen. Es ist aber sauber und die Klos sind durchaus o.k.. M.Ali verspricht, sich um alles zu kümmern, er will uns die notwendige Autoversicherung und die Reservierung für den Zug besorgen, alles kein Problem, wir könnten jetzt schlafen gehen. Wir sind glücklich, daß sich jemand um uns kümmert, wir sind völlig fertig. Zwischenzeitlich machen wir uns noch ein bißchen Sorgen um den kleinen Zirkus. Ob die es wohl durchs Minenfeld schaffen??
Ich schöpfe wieder Hoffnung, daß wir diesen Trip doch überleben könnten. Mich beunruhigt lediglich die Tatsache, daß wir in einem Kleinst-Kaff hocken, zu dem es keine einzige Straße gibt....
Auf dem Campingplatz treffen wir auf eine kleine Gruppe Holländer bestehend aus eine Frau und zwei Männern. Die Drei haben es noch schlimmer getroffen. Sie sind erst Abends – mit Motorrädern - über die Grenze gekommen und sind dementsprechend Nachts über das Minenfeld gefahren. Sie haben völlig die Orientierung verloren und sind diverse Male gestürzt. Aber irgendwie haben sie es auch überlebt.
Wir machen uns noch ein paar Ravioli und hauen uns dann ins Bett und schlafen, schlafen, schlafen.
24.05.03
Am nächsten Morgen fühlen wir uns herrlich ausgeruht. Jochen besorgt Schoko – Croissants und ich räume das Auto auf. Wir kochen Käffchen und sind guter Dinge.
Jochen fährt mir M.Ali los, um den Zug zu reservieren...und kommt mir schlechten Nachrichten zurück. Die Plattform auf dem Eisenerzzug, der uns die 500km offroad nach Nuakchott ersparen sollte ist leider von zwei Frischfisch-Lastern besetzt. Wir können nicht mit. Hmmm...
M.Ali versichert uns, daß die 500km offroad überhaupt kein Problem sein, es seinen sogar schon Leute mit einem Kia die Strecke gefahren. Pas de problem!!! Naja, mein Schwur vom Vortag ist schnell vergessen. Schließlich wollen wir hier nicht versauern, der nächst Zug fährt erst in drei Tagen und es könnte sein, daß wir da auch nicht mitfahren können.
Also beschließen wir, es zu wagen. Jochen fährt mit M.Ali los um einen zuverlässigen Guide zu finden – sie kommen wieder mit einem kurzsichtigen, kleinen, schmächtigen Methusalem im Trainingsanzug...der gute Guide war gerade aus. Das kann ja heiter werden! Auf dem Campingplatz werden wir von drei Französischen Algeriern oder Algerischen Franzosen angesprochen, ob sie sich uns anschließen dürften. Wir stimmen zu unter der Bedingung, daß sie sich an dem Honorar für den Guide beteiligen, der immerhin 160 EUR kosten soll. Gesagt, Getan. Außerdem ist es eh besser, solche Strecken im Konvoi zu fahren. Die Franzalgerier wollen die Strecke in einem uralten zerbeulten Citroen bewältigen.
Wir kaufen Wasser in Massen und füllen den Tank und die Benzinkanister auf dem Dach. Dann kann es losgehen. Es geht zunächst nach Norden, ein Stück zurück durch das Minenfeld. Jochen warnt unseren Methusalem vor. Wir dürfen auf gar keinen Fall in Weichsand geraten, da kämen wir nur ganz, ganz schwer wieder raus, sagt er ihm. „Pas de problem, no sable, no sable“ krächzt der Alte und lotst uns prompt in das nächstliegende Weichsandfeld. Natürlich stecken wir bis unter das Dach fest und die Franzalgerier gleich mit dazu, die können mit ihrem Auto nämlich auch nicht so gut durch Sand. Es gibt die ersten Unstimmigkeiten. Wir sind gepisst, weil unser Methusalem offensichtlich entweder völlig blind ist oder die Strecke nicht kennt. Die Franzalgerier sind gepisst. Der Anführer der drei beteuert, daß er in den drei malen, die er diese Strecke schon gefahren sei, noch NIE im Sand gesteckt habe. Tja, das soll nicht das letzte Mal gewesen sein...
Wir fahren uns noch ca. 1000mal fest, buddeln und schieben was das Zeug hält, erleiden einer nach dem anderen einen Kreislaufzusammenbruch und lassen unseren Unmut an dem armen Methusalem aus. Es herrscht eine unglaubliche Hitze, der Wind weht so stark, daß man kaum die Hand vor Augen sieht. Der aufgewirbelte Sand raubt einem den Atem und innerhalb von Sekunden ist alles, Mensch und Maschine völlig versandet. Die Strecke ist wirklich die Hölle. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie wir das weitere 400km durchhalten sollen. Immer wieder müssen wir Zwangspausen machen, weil eines der Autos oder beide überkochen. Die Fensterscheibe der Fahrertür verabschiedet sich und lässt sich weder öffnen noch schließen. Ich sitze auf dem Rücksitz und bin mal wieder fest davon überzeugt, daß wir sterben werden.
Irgendwann auf dem Weg stoßen wir auf eine geschobene Piste, die irgendwann mal die Straße von Dakhla nach Nuadibou werden sollen. Auf der Piste kommen wir recht gut voran, bis wir am Ende auf einen riesigen Sandhaufen stoßen, der beim besten Willen nicht zu überwinden ist. An diesem Ende wird gebaut, es stehen ein paar Bagger rum. Hier erweist sich unser Methusalem als recht brauchbar, er bittet die Bauarbeiter, den Sandhaufen wegzuschieben, was sie auch prompt mit einem Monsterbagger machen. Extra für uns. Sehr nett. Die Hilfe der Bauarbeiter müssen wir auch ein weiteres mal in Anspruch nehmen, als sich der Citroen so hoffnungslos festbuddelt, daß wir ihn selbst mit sechs Mann/Frau und Sandblechen nicht rausgewuchtet bekommen. Da hilft der Araber eben mit einem ca. 15 Meter langen und 6 Meter hohen Monsterbaugefährt mit einem komischen Monsterstachel vorne dran, vermutlich zum Zertrümmern von Steinen. Wir dem auch sei, das Ding wird kurzerhand vor den Citroen gespannt und zieht ihn raus, als gäbe es nichts leichteres als das. Naja, solche Gefälligkeiten kosten dann aber auch ein bischen.
Nach einiger Zeit haben wir es mit dem Weichsand etwas besser raus, so daß sich wenigstens unser Opel nicht mehr so oft festbuddelt. Einmal können wir sogar den Citroen aus einem Sandhaufen rausziehen, der bei diesem Manöver allerdings einen Teil seines Unterbodens verliert...Von da an können wir anhand des Schepperns des Unterbodenblechs auf den Steinen am Boden abschätzen, wie weit die Franzalgerier hinter uns sind.
Wir verlassen die „Piste“ durch das Minenfeld und biegen südlich nach Nuakchott ab. Die Piste wird keinesfalls besser, bzw. es gibt keine Piste. Es geht durch ein Stück echter Sahara.
Insgesamt schaffen wir an diesem Tag lediglich 50km und unser Methusalem ist sichtlich genervt, weil irgendwie abzuschätzen ist, daß wir die Strecke heute keinesfalls schaffen. Es wir dunkel und wir suchen uns eine Düne, hinter der wir auf ein wenig Windstille hoffen. Hinter der Düne ist es aber genauso windig...Wir versuchen unser Zelt aufzubauen, was sich als völlig schwachsinnig erweist, weil uns das Zelt vom Wind einfach aus den Händen gerissen wird. Also legen wir uns notgedrungen hinters Auto und packen ein paar Taschen um uns rum, um den Wind ein wenig abzuhalten. Einige Male fahren Schmugglerbanden an uns vorbei, die im Schutze der Dunkelheit unter „Umgehung der Zollformalitäten“ nach Marokko „rübermachen“. Zum Glück ist die Nacht temperaturmäßig gut zu ertragen. Jochen und ich starren in die Nacht und bewundern das, was uns auf unseren Reisen immer wieder fasziniert – den unendlichen Sternenhimmel der Sahara. Wir schlafen gut.
25.05.03
Wir wachen früh auf, es ist windstill und wir sind relativ ausgeruht. Jochen hat eine saftige Bindehautentzündung von dem vielen Sand in den Augen. Wir machen uns nach einem kläglichen Frühstück bestehend aus Kaffee und trocken Brot auf den Weg. So richtig Hunger hat keiner. Die Strecke ist zunächst wirklich gut. Es geht auf planer Ebene mit festem Sand Richtung Süden. Wir können richtig Fahrt machen und brettern mit 100km/h durch die Wüste. Bei dem Fahrtwind kühlt auch das Auto gut. Irgendwann wieder Zwangspause, weil den Franzalgeriern ihre hydraulische Niveauregulierung kaputt geht und das Auto vorne mit der Schnauze über den Boden schleift. Wenigstens haben die Jungs nun endgültig ihr Unterbodenblech verloren, so daß die Karre jetzt nicht mehr so viel Lärm macht. Die Reparaturarbeiten dauern Stunden und unser Methusalem wird wieder nervös, weil er sich noch die nächste Nacht in der Wüste verbringen sieht.
Wir und die Franzalgerier hingegen tragen das ganze mittlerweile mit einer Art Galgenhumor und lachen uns bei jeder weiteren Panne kaputt.
Je näher wir dem Strandabschnitt kommen, desto sandiger wird es wieder. Es ist bereits Mittag und wir werden es höchstwahrscheinlich nicht schaffen, zur Ebbe am Strand zu sein. Der Sand bewirkt, daß wir nach jedem Kilometer eine mindestens 15minütige Pause machen müssen, weil die Autos überhitzen. Wir machen ca. 50 solcher Pausen, die immer gleich ablaufen. Die Autos werden in den Wind gedreht, der jeweilige Fahrer springt raus, reißt die Motorhaube auf und schreit dem anderen zu „Fait chaud???“ „Oui, fait chaud!!!!“
Am Nachmittag erreichen wir den ersten der zwei zu bewältigenden Strandabschnitte. Dieser ist sehr gut auf einer Piste aus festgefahrenem Schlamm befahrbar. Nur einmal gerät Jochen mit 120km/h in den weichen Schlamm und das Auto fängt bedenklich an zu schleudern. Ich schnauze Jochen kurz an, er solle doch wohl BITTE etwas langsamer fahren, es könne uns sonst nämlich das Leben kosten. Jochen fragt, ob ich fahren möchte.
Wir erreichen dann recht wohlbehalten den zweiten Strandabschnitt, an dessen Anfang ein Kontrollposten und ein kleines, völlig verkommenes Fischerdorf steht. Naja – Dorf – ein paar Wellblechhütten und Zelte, aber immerhin auch ein kleiner Laden, in dem wir uns mit Wasser und kalter Cola versorgen können. Nach unserm Trip ein echtes Disneyland.
Natürlich können wir nicht weiterfahren, weil gerade Flut ist. Wir müssen also auf die Ebbe am nächsten Morgen warten. Der Plan ist, ein wenig im Dorf rumzulungern, abends ein Stück in die Wüste, dort campieren und am nächsten Morgen weiter. Wir lassen uns von den Fischern des Dorfes einen Fisch mit Zwiebeln grillen, Methusalem meint, es fehle etwas Pfeffer. Ganz schön wählerisch, der Herr...
Im Dorf kleben uns an jeder Fensterscheibe mindestens 20 Kinder und verlangen lautstark nach einem Cadeaux. Das ist nach einiger Zeit so nervig, daß wir uns dankbar in einem der Dorfzelte zu einem Tee einladen lassen.
Es beginnt eine dieser aus drei Durchgängen bestehenden Tee-Zeremonien, bei der man die ersten Tees herunterkippen sollte wie Doppelkorn..
Einer der Franzalgerier geht zwischendurch zum Citroen und kommt nach 2 Sekunden kleinlaut wieder mit einem abgebrochenen Autoschlüssel in der Hand....hmmmm....mal was Neues! Und nu? Natürlich haben die Deppen keinen Ersatzschlüssel. Sie sind überhaupt sehr schlecht ausgestattet und müssen diverse Male auf unsere Ausrüstung zurückgreifen.
Es fängt eine große Diskussion an. Kurzschließen ist kein Problem, aber was ist mit dem Lenkradschloß? Methusalem ist fest davon überzeugt, daß da nichts zu machen ist und will am nächsten Morgen unbedingt mit uns weiterfahren. Wir könnten dann ja von Nouakchott aus Hilfe schicken oder so...das finden die Franzalgerier natürlich gar nicht lustig, hier mitten im Nichts alleine gelassen zu werden. Sie geraten ein wenig in Panik und werfen Methusalem seine Ungeduld vor. Es bricht ein handfester Streit aus. Wir stellen uns schützend vor unsere Jungs und betonen, wir würden auf jeden Fall warten. Die ganze Nacht versuchen sie mit Hilfe der Dorfbewohner das Lenkradschloß aufzubrechen, was ihnen am Ende auch gelingt. Die Erleichterung ist groß und jetzt redet auch Methusalem wieder mit den Franzalgeriern. Wir schlafen im Auto.
26.05.03
Am nächsten Morgen müssen wir lange auf die Ebbe warten. Es sammeln sich ein paar Autos an die ebenfalls auf die Ebbe warten. Wann sind die eigentlich durch die Wüste gefahren. Nachts??
Ich überblicke noch nicht so ganz, was es eigentlich heißt „am Strand entlang“. Piste am Strand?
Dann setzt sich unser Methusalem in den Citroen, nimmt Anlauf und überwindet das Stück Weichsand am Strand und steht quasi direkt am Wasser. Ah ja, das ist also die Straße – dieses winzige Stück fester Sand zwischen Wasser und Weichsand auf der anderen Seite. Und wenn ne Welle kommt, ist man am A.....
Ich bekomme echt Angst, als wir losfahren. Anhalten kann hier ganz schnell heißen, daß man das Auto los ist. Entweder man steckt im Weichsand, oder die zurückweichende Welle buddelt das Auto in sekundenschnelle ein. Natürlich wird das Auto irgendwann wieder heiß und wir müssen anhalten. Wir kommen irgendwie wieder frei und lassen unseren Methusalem fahren. Der entwickelt eine prima Methode der Fahrzeugkühlung: ab und zu eine kleine Fahrt durch die Brandung (nicht ganz unproblematisch für einen Benziner...). Nach 5 Minuten ist das Auto vom spritzenden Wasser mit einer dicken Salzkruste bedeckt, aber es ist „pas chaud“.
So legen wir ca. 50km am Strand entlang zurück.
Dann kommen wir erneut in ein Fischerdorf. Wir halten hier an, zum Glück gibt es hier eine relativ festgefahrene Piste. Im Dorf erfahren wir, daß eine Weiterfahrt am Strand nicht möglich ist, weil irgendein Abschnitt wohl abgesackt ist.
Dieses Dorf ist noch ärmer als das erste, wenn das überhaupt geht. Sofort sind wir wieder umringt von einer Traube von Menschen, die um ein Cadeaux, etwas zu Essen und Wasser bitten. Diesmal auch nicht nur Kinder. Jemand fragt uns nach Medikamenten. Als ich meine Koffer raus bin ich sofort von einer Menschentraube umringt. Eine Mutter zeigt mir ihr Baby mit einem schlimmen Ekzem. Ich fühle mich völlig hilflos. Das einzige, was ich tun kann ist ein paar Schmerzmittel an die Leute mir Kopf- oder Zahnschmerzen zu verteilen und ein paar Wunden mit einem Antiseptikum zu betupfen. Hier sind viele Menschen krank, sagt man mir, viele habe Fieber. Jochen kriegt die Krise, weil ich das Baby mit dem Ausschlag angefasst habe, weil er denkt, wir stecken uns an. Ich bin froh, als wir das Dorf verlassen und habe ein schlechtes Gewissen....
Es geht jetzt auf einer Piste nach Nouakchott. Die Piste ist relativ gut, nur das Waschbrett zehrt an meinen nerven. Dieses Geklapper und Geschepper kann ich einfach nicht mehr ertragen. Wir kriechen auf dem Zahnfleisch. Ich zumindest. Am Nachmittag erreichen wir endlich, endlich Nouakchott. Erst mal geht es in eine Süßwasser-Auto-Waschanlage. Danach beginnen Jochen und ich eine Diskussion darüber, ob wir weiter fahren sollen oder nicht. Der Grenzübergang in Rosso ist 200km weit weg und angeblich macht die Grenze um 18.00 Uhr zu. Die Anderen raten uns, in Nouakchott zu bleiben, weil wir es wegen der vielen Polizeikontollen nicht schaffen würden. Und Rosso sei so richtig schlimm mit Neppern, Schleppern, Bauernfängern. Ganz schlecht zum übernachten. Nur ein Hotel und dieses laut Reiseführer nicht vertrauenswürdig. Naja, Jochen setzt sich durch und wir wollen weiter fahren. Wir verabschieden uns von den Franzalgeriern und von unserm Methusalem und rasen Richtung Rosso. Die Landschaft ist superschön, beginnende Savanne mit rotem Sand. Aber wir rasen mit 120km/h an allem vorbei, wir müssen es schließlich bis 18.00 Uhr nach Rosso schaffen. Eine Polizeikontrolle folgt der nächsten. Jochen mach bei einem der Posten den Fehler, um etwas Beeilung zu bitten. Jetzt ist auf einmal das „Cadeaux“ zu klein, und außerdem – man müsse ja wohl eine Flasche Schampoo für den lieben Herrn Polizisten haben, und den Kofferraum könne man ja wohl auch mal aufmachen, vielleicht seien da ja noch mehr Geschenke. Ja, ist denn heut schon Weihnachten? Jochens Gesicht nimmt dunkelrote Färbung an, schließlich kommt irgend jemand zum Ausnehmen, der wichtiger scheint als wir und wir können weiter. Um 17.43Uhr stehen wir in Rosso auf dem Fährgelände. Die Fähre legt gerade an und lädt Fahrzeuge und Passagiere ab. Sofort sind wir umringt von 2000 Leuten. Ein dicker Polizist sagt: „gib mir 20 Dollar und Ihr seid in 2 Minuten auf der Fähre.“ Super, das wollen wir. Er verschwindet mit unseren Papieren. 3 Minuten später kommt ein Schlepper, der ungefragt für uns schonmal eine Senegal-Autoversicherung abgeschlossen hat. Na dann. Ein anderer Polizist erzählt uns, die Fähre fährt jetzt nicht mehr, wir könnten Sie aber für uns alleine mieten – „sagen wir 1000 Dollar?“ Wir antworten, dass wir die Fähre nicht kaufen wollen. Unsere Papiere kommen zurück. Nichts ist gestempelt oder fertig, dafür fehlt der Fahrzeugschein. Ist vermutlich irgendwo runtergefallen. Jochen ist auf hunderdachtzig und faltet die Polizisten zusammen. Die gucken etwas verschämt aus der Wäsche und sind auch für einen Moment beeindruckt – der Fahrzeugschein bleibt trotzdem verschwunden. Zum Glück haben wir noch den Internationalen...
Ein Schlepper bietet sich an, uns zu einem anderen Übergang zu bringen – 90km Piste. 30EUR will er dafür und lässt sich kein Stück runterhandeln. Da sie uns mittlerweile durch dieses ständige Gernerve und Gesabbele weichgekocht haben, willigen wir ein. Wir haben eh kaum Chancen. Und wenn man die Leute ignoriert, dann stellen sie sich an die Fahrertür und fangen an zu singen, solange bis man mit Ihnen redet.
Für die Piste zum Übergang Diama brauchen wir ca. 2 Stunden. Ich habe Angst, das Jochen das Auto umkippt.
Dann der Grenzübergang. Es ist sehr viel angenehmer hier – keine Nepper, Schlepper, Bauernfänger und auch nur ein ganz, ganz kleines bisschen Korruption. Am Grenzübergang treffen wir auf einen Deutschen. Ein Ingenieur, der in Dakar lebt und von Auto- und Computerimport zu leben scheint. Er sagt, er habe sich über uns kaputtgelacht, weil wir an jeder Polizeikontrolle gehalten haben (wir haben ihn auf dem Weg nach Rosso überholt). Man müsse nicht anhalten, sondern einfach durchbrettern, die wollen eh nur ein Cadeaux...ach was! Und sie fahren einem auch nicht hinterher, weil sie den Sprit für Privatfahrten brauchen.
Aber gut zu wissen, daß man nicht anhalten muß. Wir nehmen ihn und seinen Assistenten mit nach St. Louis, weil bei seinem Trailer, auf den er einen Jeep geladen hat ein Radlager und die Lichtmaschine kaputt ist.
Das Ganze hat den riesen Vorteil, daß er uns direkt zum Hotel de la Poste lotst, dem Besten am Platze, ohne daß wir uns zu dieser späten Stunde noch mit Hotelsuche rumschlagen müssen. Er lädt uns noch ein, bei ihm zu wohnen, wenn wir nach Dakar fahren. Sehr nett!
Wir checken uns ins Hotel ein und sind zunächst erst mal nur glücklich, in einem klimatisierten Zimmer mit Fernseher und Dusche zu sitzen. Der sehr zuvorkommende Mensch von der Rezeption bringt uns ein kaltes Bier und bereitet uns noch ein leckeres Omelett zu, was Jochen prompt wieder auskotzt. Etwas zu schnell gegessen und getrunken und das auf leeren Magen und die ganze Anstrengung hat ihm wohl den Rest gegeben.
27.05.03
Insgesamt schlafen wir erst mal nicht so gut und lange wie wir gehofft haben. Die ganze Tour war anstrengender als wir gedacht haben. Aber wir können wieder einschlafen, wachen Mittags wieder auf, gehen was Essen – Jochen behauptet er hat noch nie in seinem Leben so leckeren Fisch gegessen – und erreichen endlich die totale Entspannung. Schnell noch ins Internetcafe und dann wieder ins Bett und schlafen.
Jetzt ist Abend und wir wollen noch mal losgehen, uns St.Louis ansehen.
28.05.03
Heute vormittag haben wir die Ile de Saint-Louis zu Fuss erwandert. Auch auf der benachbarten Insel der Fischerquartiere waren wir und haben uns von einem nette Fischer die hiesige Fischverarbeitung zeigen lassen: auf tausenden von Holztischen direkt am Strand liegen Millionen von Fischen aller Art (sogar Muränen) zum trocknen ausgebreitet. Den Geruch kann sich wohl jeder vorstellen. Tapfer folgen wir dem Mann, der uns alles bis ins Detail erklärt. Auch den islamischen Fischerfriedhof besuchen wir. Scheint ein gefährlicher Job zu sein. Er zeigt uns noch das Boot, auf dem er arbeitet. Er hat es mit ca. 20 Anderen vom Bootsbesitzer gemietet. Am Ende will er dann kein Geld von uns sondern fragt, ob wir Ihm ein Paket Milch für seine Kinder kaufen können. Klar können wir, nach soviel Nettigkeit auch 2 Pakete.
Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg nach Dakar, finden auf Anhieb den Flughafen und rufen von dort aus per Handy den Ingenieur an und fragen, ob sein Angebot noch steht. „Klar, ich bin in 2 Minuten da!“ Tatsächlich erscheint er keine 2 Minuten später mit seinem Toyota Landcruiser. Wir folgen Ihm zu seinem Haus ganz in der Nähe, wirklich sehr schön gelegen – direkt am Strand! Ein kleiner Innenhof mit Palmen und zwei Wachhunde. Aber die verstehen nur Bayrisch.
Wir quartieren uns ein. Ernst, der Ingenieur erzählt uns, daß wir heute Abend unbedingt mal ins „Out Of Rosenheim“ gehen müssen. Ein Restaurant, welches von einer deutschen Familie betrieben wird und wir suchen es prompt auf. Es gibt Wiener Schnitzel, Steak und Geschnetzeltes zu bestellen. Wir sind baff. Die Familie ist ebenfalls sehr nett. Typische Aussteiger. Sie eine an den Rand des Herzinfarktes getriebene Altenpflegerin, er ein völlig gestresster Industrieanlagenmechaniker. Dann haben sie den Ausstieg gefunden. In Dakar mit einem gut gehenden Restaurant.
Wir Essen und reden bis in die Nacht hinein.
29.05.03
Am Morgen bin ich völlig von Mücken zerstochen. Alleine an meinem rechten Oberschenkel zähle ich 22 Mückenstiche. Und das trotz Autan...wenn das mal keine Malaria gibt...
Wir besuchen die Ile de Goreé (Sklaveninsel). Man muß mit einer Fähre übersetzten. Wir wehren uns erfolgreich gegen alle Nepper, Schlepper, Bauernfänger. Die Insel ist ganz interessant, vor allem der Baustil. Die Museen sind eher dürftig und es ist irre heiß. Jochen gönnt sich gegrillte Gambas, während ich natürlich wie immer auf den Preis schiele.
Am späten Nachmittag fahren wir zurück und gehen am Abend wieder ins „Out Of Rosenheim“, wieder ein sehr netter Abend. Hans, der Besitzer hat an seinem Swimmingpool (!) den Grill angeschmissen und lecker Schweinefleisch und Fisch gegrillt. Ernst und Hans erzählen uns – nach Sicht unserer Pässe – daß wir ein neues Mauretanisches Visum brauchen, da leider bei unserem aus Berlin, trotz Antrag, der Stempel „Several Reentry“ fehlt. Sehr ärgerlich, aber gut, daß wir das jetzt zu Wissen bekommen, wäre blöd gewesen ohne das richtige Visum an der Grenze zu stehen!
30.05.03
Der Plan: Morgens früh aufstehen und dann ganz schnell zur Mauretanischen Botschaft, Visum holen und dann ab in den Niakolo Koba- Nationalpark. Wir wollen Ernst´s Gastfreundschaft nicht noch länger in Anspruch nehmen. Seck, Ernst´s Assistent, fährt uns in die Stadt zur Botschaft. Dort treffen wir auf zwei Kanadier, einen Schweizer mit Sohn und einige andere Reisewillige. Der Botschaftsmensch ist nicht da. Die Kanadier erzählen uns, daß er aber bereits ihre Pässe habe und jeden Moment zurückkehren müsse, sie hätten es ja auch eilig, weil sie heute noch nach St.Louis wollen. Tja, und da sitzen wir nun. Eine Stunde, zwei Stunden, nichts passiert. Irgendwann erscheint die Sekretärin und verkündet, der Botschaftsmensch habe einen Todesfall in der Familie gehabt und käme später. Die Botschaft hatte schon längst geschlossen aber wir durften warten. Irgendwann bricht Jochen mit dem fehlproduzierten senegalesischen Plastikstuhl zusammen.
Nach ca. 6 Stunden Wartezeit taucht der Mensch dann doch noch auf. Fast gleichzeitig kommt Ernst an um nach uns zu schauen und um ebenfalls mit dem Stuhl zusammenzubrechen. Schließlich klappt es doch noch mit dem Visum, ein Wunder angesichts der Tatsache, daß die Botschaft längst geschlossen hat!!
Abends laden wir Ernst und seine Frau zum Essen ein und wieder ein sehr netter Abend!!
31.05.03
Wir stehen sehr, sehr früh auf, Frühstücken mit Ernst und seiner Frau und machen uns endlich auf den Weg nach Niakolo Koba. Wir nehmen leider die verkehrte Straße – die Südliche – und geraten von einer Baustelle in die Nächste und von einem Schlagloch ins Nächste. Zudem haben wir kaum noch CFA-Francs, aber es ist natürlich Samstag und die Banken haben zu. Und die Kaffs durch die wir fahren bestehen aus zehn Strohdachhütten.
Hier eine Wechselstube zu suchen ist völlig utopisch. Unsere letzte Hoffnung ist Tambacounda (von den Einheimischen Tamba genannt), der letzte größere Ort vor dem Nationalpark. Es ist irre heiß. Außerdem geht uns der Sprit aus und die Zeit rennt uns davon. Um 18.00 Uhr machen die Pforten des Parks dicht und es geht scharf auf die 18.00 Uhr zu! Wir schaffen alles, wie immer, in allerletzter Minute. In Tamba ein Hotel, das unsere Euros zu gutem Kurs in CFA verwandelt und schließlich den Eingang zum Nationalpark, was sich schon wieder äußerst schwierig gestaltet hat, weil die Deppen hier natürlich auch zur Hauptattraktion des Landes kein Hinweisschild aufstellen. Schnell bezahlen und ab mit dem uns zugeteilten Führer in den Nationalpark. Ohne den geht hier gar nichts und er verspricht, uns nicht von der Seite zu weichen. Hurra. Sein Name ist leicht zu merken – er heißt Tamba – wie die Stadt.
Schon auf den ersten Metern treffen wir aus Warzenschweine, Paviane, Antilopen und allerlei anders Getier. Ist schon irre hier, vor allem irre heiß!!!
Wir beschließen, die erste Nacht im Hotel Simenti zu schlafen welches über – nach Versprechung durch unseren Reiseführer und der vielen Hinweisschilder - wohltemperierte, klimatisierte Zimmer zu teueren Preisen verfügt. Das Hotel ist eine ziemliche Enttäuschung! Total heruntergekommen und der Generator – sprich die Klimaanlage – wird immer nur stundenweise angeschaltet. Wir schwitzen wie die Schweine, die Soße läuft und nur so runter, es ist kaum zu ertragen. Aber was solls. Es gibt ne Menge Tiere zu sehen !! Auf dem Hotelgelände tummeln sich verschieden Affenarten und man kann sie aus nächster Nähe beobachten.
Nachts um 1.00 Uhr wird der Generator ausgestellt und ab 2.00 Uhr schwitzen wir wieder wie die Tiere und an Schlaf ist kaum zu denken...
01.06.03
Nach dem wir des Nachts „gargekocht“ worden sind, freuen wir uns aufs „wilde Tiere gucken“. Es fängt damit an, daß drei kleine Affen versuchen, durch das Fliegengitter vor unserem Fenster einzudringen um uns um unsere letzten Kekse zu erleichtern. Unser Führer vermittelt uns eine Bootsfahrt auf dem Gambia-River, der fließt direkt an unserer „Lodge“ vorbei. Wir sehen viele Tiere am Ufer – Affen, Warzenschweine, Antilopen, Krokodile. Die Flußpferde im Wasser scheinen irgendwie direkt mit dem Auslöser unserer Kamera verbunden zu sein – kaum will man draufdrücken, tauchen Sie unter... Wir können trotzdem das eine oder andere Flußpferdohr ablichten.
Die Flußfahrt ist wirklich klasse, danach steigen wir mit Tamba, unserem Guide, in unser Auto und fahren durch den Park. Da wir noch das Ende der Trockenzeit mitbekommen, sind die vielen Bäume und Sträucher nur spärlich belaubt und wieder bekommen wir viele Tiere zu sehen.
Ich bekomme eine Erkältung und wir beschließen, nicht wie geplant in das aus Strohhütten bestehende „Camp des Lions“ umzuziehen. Hier hat es ja wenigstens ansatzweise Klimaanlage. Es folgt eine weitere Nacht bei 1000 Grad im Simenti...
02.06.03
Nach erneuter Horrornacht brechen wir zeitig auf und fahren noch ein paar Stündchen mit Tamba durch den Park. Die Landschaft ist atemberaubend schön, wir fahren u.a. durch riesige Bambuswälder. Ein Affe reißt mir bei einem Halt den Rest meines Frühstücksbrotes aus der Hand. Am Ausgang des Parks bittet Tamba uns, Ihn mit nach Tambacounda zu nehmen – kein Problem, ist ja unsere Strecke. Auf dem Weg dorthin halten wir in seinem Dorf – eine Ansammlung von Strohhütten. Sofort werden unsere Medizinkoffer wieder zum Magneten, Kinder und alte Frauen werden vorgestellt – Blutdruck wird gemessen, Schmerzmittel und Salben werden verteilt.
Leider nie genug angesichts der mangelhaften Versorgung hier...
In Tambacounda setzten wir Tamba dann ab und schaffen es noch am Abend bis Saint Louis.
Diesmal wollen wir in die "Zebrabar" - einem von einem Schweitzer Ehepaar geführten Camp. Die Holländer, die wir in Nouadhibou getroffen haben, haben uns davon erzählt. Ein „Darfmannichtverpassen“, wenn man in Saint Louis ist. Nach Einbruch der Dunkelheit finden wir die Piste dorthin. Ein wirklich tolles Camp – eine zebrafarbene Bar, Hängematten zwischen Palmen. Wir haben keine Lust, unser Zelt aufzuschlagen und mieten einen „Bungalow Deluxe“ – eine wirklich Klasse Unterkunft mit stimmigen Preis-Leistungsverhältnis. Eine Kreisrunde Hütte mit Strohdach, in der Mitte ein großes Bett, über das ein Moskitonetz gespannt ist. Die ganze Hütte toll gemacht, z.B. der Boden der Dusche mit gebrochenen Kacheln ala Hundertwasser gefließt – das ganze diffus beleuchtet – es gibt sogar einen Gas-Durchlauferhitzer für heißes Wasser und Solarstrom. Eigentlich etwas für ein paar Tage mehr, aber wir haben es schließlich eilig.
Trotz unserer späten Ankunft werden wir noch lecker bekocht und schlafen wie die Könige.
03.06.03
Heute morgen staunen wir nicht schlecht – direkt neben unserer Hütte zelten die Holländer. Die Welt ist klein. Wir unterhalten uns ein wenig mit ihnen und sie erzählen uns von den Strapazen des Eisenerzzuges. Als Motorradfahrer kann man sich in kein Fahrerhaus zurückziehen – also Staub schlucken, Staub schlucken, Staub schlucken. Sie berichten, Sie hätten auf einer Ladung Sardinendosen schlafen müssen. Und danach die Piste von Choum nach Atar sei auch nicht so toll, wie der Reiseführer das anpreist. Die Zug-Variante ist also auch nicht viel besser als die Wüstendurchquerung.
Nach einem super Frühstück mit Mangomarmelade, Ei (!) und Milchkaffe hilft uns der Besitzer der Zebrabar mit unserem Thermostatenproblem. Der Thermostat ist wirklich in 5 Minuten draußen, der nette Schweitzer hat eine Tube Dichtmasse – damit bekommen wir das Thermostatengehäuse in Nullkommanix dicht. Perfekt, jetzt kann die Wüste kommen. Die beiden Schweitzer und deren beiden Kinder sind total erkältet und wir können uns mit etwas Erkältungsbalsam und ACC aus dem Medizinkoffer revanchieren.
Wir fahren nochmal auf die Ile de Saint Louis und kaufen ein paar Kleinigkeiten ein.
Jetzt schnell tanken und dann auf zur Grenze nach Diama und rüber nach Mauretanien, so der Plan. Leider gibt es an allen 27 Tankstellen in Saint Louis nicht einen Liter Sprit. Irgendwas ist ja immer...
An einer „Total“ sehen wir den Tanklaster kommen, nach einer halben Stunde warten haben wir Glück. Der Grenzübertritt in Diama gestaltet sich problemlos, einer der Polizisten tauscht uns 50 EUR und bescheißt uns ein klein wenig. Eigentlich wollte er uns noch ein klein wenig mehr bescheißen, aber nach etwas Diskussion konnten wir das auf ein Mindestmaß reduzieren.
Noch am Abend erreichen wir Nouakchott, finden nach einigen Gesuche ein nettes Hotel und der Hotelmensch verspricht, für uns einen Guide für die Wüstendurchquerung zu engagieren.Gegenüber dem Hotel finden wir ein Restaurant, soll wohl ein „Sterne“-Restaurant sein – sehr viele Europäer hier (Montagearbeiter ?) und annähernd Deutsche Preise.
04.06.03
Pünktlich um 9.00Uhr steht der Guide vor der Tür. Er setzt seinen Preis bei 300EUR an, wir handeln Ihn runter auf das lt. Reiseführer „normale“ Preisniveau von 200EUR. Tanken, Wasser kaufen und los. In Jochens Bauch beginnt es zu rumpumpeln. Kurz vor Ortausgang Nouakchott bittet der Guide uns, kurz anzuhalten. Er steigt aus und kommt 2 Minuten später mit jemandem wieder, den er als seinen Bruder vorstellt. Er habe keine Zeit, aber sein Bruder sei der beste Guide und Fahrer überhaupt und es wäre toll, wenn wir Ihn fahren lassen könnten, weil er kennt ja jedes Weichsandfeld. Uns doch egal, wer uns da durch bringt. Und natürlich darf der fahren. Jochen hat etwas Bauchschmerzen und ist froh, auf dem Beifahrersitz Platz nehmen zu dürfen.
Der Guide erweist sich als gute Wahl. Es gelingt Ihm mehrmals in den 5(!) Gang zu schalten, mit einer irren Geschwindigkeit heizt der durch die Wüste und umgeht dabei geschickt jedes Loch. Das Auto setzt nicht einmal auf, wir fahren uns nur ein einziges Mal fest und unser Fahrer buddelt genau an der richtigen Stelle nicht mehr als eine Handbreit Sand beiseite – schon geht es weiter.
Jochen ist mittlerweile kreidebleich und krümmt sich vor Schmerzen. Wir erreichen den Strandabschnitt. „Geht nicht, zuviel Wasser“ sagt unser Guide. Warten auf Ebbe? Mitnichten, er nimmt die „Inlandroute“ – Weichsand ohne Ende, aber der Typ ist ein absoluter Profi. Und dank des fehlenden Thermostaten ist auch die Temperatur kein Problem mehr. Dafür entweiht Jochen jetzt in Abständen den Wüstenboden – mal Durchfall, mal Erbrechen. Liegt wohl am „Sterne“-Geschetzelten von gestern Abend. Er bekommt Fieber und liegt mittlerweile apathisch auf der Rückbank. Zwischendurch bekommt er immer wieder schlimmste Krämpfe, wird kreidebleich und kaltschweißig und ist einer Ohnmacht nahe. Ich fange an, mir ernsthaft Sorgen zu machen und pumpe ihn mit allerlei Medikamenten voll die er sofort wieder ausbricht. Da Jochen ausfällt, bleibt mir die Aufgabe der Koordination. Im Rückspiegel beobachte ich mit einem Auge Jochen, mit dem anderen Auge unsere Temperaturanzeige, mit meinem dritten Auge die Strecke und die Schlaglöcher, mit meinem vierten Auge die Tankanzeige. Ich wuchte Benzinkanister vom Dach und flöße dem Auto Benzin und Jochen Wasser ein. Wir beschließen, nicht wie geplant direkt zur Grenze sondern nach Nuadhibou zu fahren. Unser Guide schafft die Strecke, für die wir letztes Mal drei Tage gebraucht haben in schlappen 10 Stunden. Ich bin ihm sehr, sehr dankbar dafür! Am nächsten Morgen will er uns dann wie versprochen zur Grenze bringen und wir quartieren uns mit Ihm zusammen in der „Auberge Chinquetti“ ein. Jochen hat Schüttelfrost und ist froh über ein Bett. Die Krämpfe haben zum Glück aufgehört. Ich bin ziemlich erledigt, kann aber trotzdem nicht einschlafen.
05.06.03
Jochen geht es besser. Der Guide bringt uns bis 500m vor den Mauretanischen Grenzposten. Wir lassen uns seine Telefonnummer geben, den nehmen wir das nächste Mal wieder! Ausreise kein Problem, nur durchs Minenfeld müssen wir alleine. Aber wir sind ja mittlerweile „Minenfelderprobt“. Auf halber Strecke holen wir einen Fischlaster ein, dem kleben wir bis zum Marokkanischen Grenzposten an der Stoßstange. Wenn der platzt, dann wissen wir, wo wir nicht hinfahren dürfen. An der Grenze da alte Spiel: „Votre profession?“ – „Medician.“ – „Oh, das gut – ich hab da so´n Zwicken – und mein Kollege hier, also immer, wenn der soo macht...“. Ich verteilen die obligatorischen Schmerzmittel und wir können passieren, ohne Geld zu lassen. Der Inhalt meines Medikamentenkoffers hat sich mittlerweile auf einen kläglichen Rest reduziert.
Da wir weder Dirham noch Benzin haben, bleibt uns nichts anders übrig, als nach Dahkla zu fahren (liegt auf einer Landzunge, 50km hin + 50km zurück = 100km Umweg). Wir tauschen Geld, nehmen ein Hotel und wollen einen Ölwechsel machen. Leider gibt es in ganz Dahkla kein Mehrbereichsöl, wir verwerfen den Plan und fotokopieren stattdessen einen weiteren Stapel der Zettel mit unseren persönlichen Daten für die kommenden Polizeikontrollen.
06.05.03
Ein Hammer ! Kurz vor Ortseingang Laayoun eine Radarfalle im 40km/h Bereich. Wir sind 49 gefahren, kostet schlappe 400 Dirham = 40 EUR ! Wir haben es ja. Das die das auch ernst meinen mit Ihren 40...
Wir beschließen, von jetzt an nie mehr schneller als 40 zu fahren, schließlich haben wir kein Geld mehr.
Wir schaffen es am Abend bis Tan-Tan. Da unser Dachgepäckträger droht, vom Auto zu hüpfen entscheiden wir uns wieder für das Hotel „Texas“, die haben schließlich so eine tolle Tiefgarage zum Schrauben. Außerdem stimmt das Preis-Leistungsverhältnis – nur die abendliche Kakerlake ist mir ein wenig zu groß geraten. Jochen weigert sich, das Insekt zu töten: „Ich kann nichts umbringen, was größer ist als ein Hamster!“
07.05.03
Der Tag beginnt mit einem „Komplett-Strip“ des Autos in der Garage des Hotels. Wir bauen den Himmel teilweise ab, um an die Schrauben der Dachreling zu kommen. Die Muttern befinden sich bereits am letzten Gang des Gewindes der Schrauben. Kein Wunder, das unser Gepäckträger hüpft wie ein Gummiball. Wir ziehen in 1.5 stündiger Kleinarbeit alle Schrauben nach und bauen das Auto wieder zusammen. Anschließend verlagern wir unsere Ladung ein wenig – jetzt darf auch der zweite Reservereifen hinten mitfahren.
Wir gehen nochmal hoch auf Zimmer – kurz den Dreck abduschen. Kaum hat Jochen sich eingeseift, hört das Wasser auf zu fließen.
Sollte es im Laufe des Tages regnen, schäumt er bestimmt. Egal – erstmal frühstücken. Anschließend ein Ölwechsel an der örtlichen Tanke – es gibt das gute 15W50 für unser Auto – auch die mitgebrachten Öl-und Luftfilter wechseln wir. Unter unserem Ölwannenschutz finden wir eine Vogelleiche aus dem Senegal. Was da wohl noch alles zum Vorschein kommt? Mit einem Auto das sich ein klein wenig wie fabrikneu anfühlt, setzen wir die Fahrt Richtung Agadir fort. Am Abend erreichen wir Safi, nehmen wieder unser bewährt-bekanntes Hotel und essen ein wenig Tier bei Schlachter gegenüber – dort, wo aus diesen leckeren gekochten Schafsköpfen portionsweise Hirn gelöffelt und dann im Brot als Hirn-Sandwich verkauft wird – köstlich...
08.06.03
Lange Reisen ziehen nunmal lange An- und Abfahrten mit sich und somit besteht auch dieser Tag aus Autofahren. Die Landschaft wird langsam grüner. Wir entscheiden uns nochmals für die Ceuta-Fähre um Grenzformalitäten und Einschiffung nicht gleichzeitig abwickeln zu müssen. Tatsächlich können wir den Streß auf ein Minimum reduzieren. Die Grenze ist schnell passiert, gleich hinter der Grenze fahren wir eine der vielen Fährticket-Verkaufagenturen an und erstehen für uns und unser Auto ein Ticket. Erfreut stellen wir fest, daß in Ceuta alles billiger ist (wohl subventioniert...) – so auch das Ticket. Auf dem Hinweg hat es für 2 Personen und einen PKW 134 EUR gekostet, hier kostet es nur 95 EUR. Super! In der Hoffnung, die nächste Fähre zu erwischen düsen wir zum Hafen. Leider ist weit und breit kein Schiff zu sehen. Die nächste Fähre geht um 21.30h. Wir sehen auf die Uhr: 18Uhr, da haben wir ja noch Zeit – erstmal was essen. Essen erweist sich als nicht so einfach. Wir finden ein Restaurant, setzten uns hin, aber nichts passiert. Self Service? Wir gehen fragen: „Nein, Essen haben wir nicht...“ – War das auf dem Hinweg nicht auch schon so? Ok, neuer Versuch – ein kleines Bistro – Langustenrücken für 1,95EUR. Das nehmen wir als Vorspeise, danach Hausmacher-Lasagne. Während wir gedankenverloren unsere Langusten müpfeln, frage ich mich, ob Marokko wohl eine andere Uhrzeit hat als Ceuta. Wir vergleichen mit der Uhr des Wirtes – Shit, von wegen kurz vor Sieben – es ist schon kurz vor Neun – hier gilt Spanische Sommerzeit. Jetzt aber schnell. Kaum ist die Lasagne aus dem Ofen, lassen wir sie uns einpacken und dann geht es mit quietschen Reifen zum Hafen. Der Zoll läßt noch schnell einen Drogensuchhund auf unser Auto los, den interessiert die Lasagne aber nicht im Geringsten. Genau 40 Minuten später erreichen wir dank des Warp-Antriebs der Hypermodernen Fähre das Europäische Festland. Wir finden ein nettes Hotel in der Nähe von Algecerias und schlafen wie die Murmeltiere.
09.06.03
Gar nicht so einfach mit dem Essen in Spanien, das haben wir ja auch schon in Ceuta festgestellt. Frühstück gibt es ab 6 Uhr morgens, hat uns die Frau an der Rezeption gestern gesagt. Kostet zwar extra, aber es soll Frühstück geben. Wir freuen uns auf Salamibrötchen, Eier und andere Leckereien. „Frühstück – ham wir nich !“, brummelt der Kellner der Cafeteria, „ ich kann Euch ´n Kaffee kochen“. Na toll ! „Egal“, sagt Jochen „frühstücken wir halt bei McDonalds!“. „Au ja!“, sage ich. Wir fahren ein Stück Autobahn Richtung Malaga. Nach endlos langer Zeit endlich ein McDonalds-Schild – unterwegs nicht die kleinste Frühstückerei.
McDonalds hat zu, generell kein Frühstück im Angebot und macht erst um 12 Uhr auf. Na toll! Uns hängt der Magen in den Kniekehlen. „Wir fahren weiter nach Marbella, da gibt es bestimmt was!“, beschließt Jochen. Unterwegs nicht eine Frühstückerei. Wir fahren jede einzelne Abfahrt der Autobahn ab nur um Sie 10 Minuten später noch hungriger wieder zu befahren. Nicht mal eine geöffnete Bäckerei finden wir – nichts. Jochen stößt wilde Flüche gegen Iberien und die Iberer aus. In Marbella hat das McDonalds geschlossen – die haben auch erst ab 12 Uhr geöffnet und generell kein Frühstück im Programm. Wir finden eine Cafeteria und setzen uns an einen der freien Tische auf dem Bürgersteig davor.. Drinnen macht eine dicke Frau sauber. „5 Minuten“, sagt sie, „dann gibt es Frühstück!“ – „Toll“, sagen wir, „Endlich!“ . Drei Minuten später kommt eine etwas dünnere Frau und behauptet, es gebe kein Frühstück. Schwupps zieht Sie vor uns die Rolläden runter. Jochen behauptet, er würde jeden Moment an Unterzuckerung sterben. Nach erneuter, halbstündiger Suche finden wir dann endlich eine geöffnete Cafeteria und verschlingen gierig ein pappigens Käse-Schinken Sandwich. Ein toller Start in den Tag – die spinnen, die Iberer.
Wir fahren 150m Bezahlautobahn für 6 EUR und beschließen, das Land über die Madrid und Zaragoza zu verlassen. Die Route erweist sich im Ersten Teil als Landschaftlich sehr schön, ab Granada fängt dann auch die kostenlose „Autovia“ an. Diese steht der Bezahl-Autobahn in fast nichts nach und wir befahren sie bis Huesca, kurz vor den Pyrenäen. Nach wiederum langer, zäher Suche finden wir endlich ein Hotel, das nicht „completo“ oder zu teuer ist und quartieren uns für die Nacht ein. Wieder gibt es Käse-Schinken Sandwich – diesmal aber mit einem kühlen San-Miguel Bier dazu.
10.06.03
Wir fahren durch wunderschöne Berglandschaften. Die Grenze besteht aus einem 1,6km langen Tunnel. In Spanien fährt man hinein, in Frankreich kommt man raus. Durch kleine Bergdörfer fahren wir die Nationalstrasse Richtung Limoges, dort auf die Autobahn. Nachts erreichten wir Paris. Eigentlich wollen wir hier nächtigen, aber es stellt sich heraus, dass alle der wirklich vielen an der Umgehungsautobahn gelegenen Hotels Kartenhotels sind, die man nur mit Kundenkarte oder bestimmten Kreditkarten beziehen kann. Einen Menschen an der Rezeption gibt es nicht. Wir haben weder eine Kundenkarte noch die richtige Kreditkarte (hier zählt VISA...), also müssen wir weiterfahren. Leider sind auch die meisten Tankstellen sog. Express-Tanken, bei denen man nur mit Kundenkarte tanken kann. Mit dem letzten Tropfen Benzin finden wir zum Glück doch noch eine konventionelle Tankstelle. Um halb Drei nachts sind wir beide nicht mehr in der Lage zu fahren und wir schlafen erst mal 3 Stunden im Auto auf einer Raststätte.
11.06.03
Um 6.00 Uhr morgens kann Jochen wieder fahren. Ich wache erst in Belgien wieder auf.
Der übliche Stau vor Hamburg und um 16.00 Uhr haben wir es geschafft!!! Wir sind wieder zu Hause!